Uralte Biervielfalt, essbare Blütenpracht und Holzofentörtchen – von Oberösterreichern kann man lernen


12. Sep 2021

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Der hohe Qualitätsanspruch an Lebensmittel und der Mut für Neues – dafür stehen die drei Genuss-Botschafter aus Freistadt, Mondsee und Ottnang. Regionalität ist für sie eine Selbstverständlichkeit. Sie nutzen das reiche Angebot der Natur und veredeln die wertvollen Rohstoffe behutsam und mit Begeisterung. Beim Bierverkosten, in der Schaumühle und bei Kräuterführungen teilen sie ihr Wissen.

Als der Geschäftsführer der Freistädter Brauerei bei Helmut Satzinger anrief, überlegte der ausgebildete Diplom-Biersommelier nicht lange. Freistadt ist das Zentrum des Mühlviertels. Im barocken Brauhaus wird seit 250 Jahren von der „Braucommune in Freistadt“ Bier gebraut. Seit 2012 kann man hier dank Satzinger hervorragend essen, und entspannt den Tag bei einem Bier ausklingen lassen.

Eine besondere Brauerei, nicht nur wegen der Rechtsform

1363 hatte jeder Bürger der Freistädter Innenstadt das Recht selbst Bier zu brauen und zu verkaufen. Hier finden sich noch immer gotische Keller, in denen einst gebraut und Bier gelagert wurde. 149 Bürgerhäuser haben sich 1770 zur „Braucommune“ zusammengeschlossen, um ihre Rechte zu wahren, und das Brauhaus gemeinsam zu errichten. Die besondere Rechtsform der Braucommune ist die letzte ihrer Art in Europa, und nach wie vor gültig. Mit einer Produktion von 60.000 hl Bier im Jahr ist die Brauerei die größte des Mühlviertels. Verwendet werden ausschließlich regionale Zutaten: die Gerste für das Malz stammt aus dem Weinviertel, der Hopfen aus dem Mühlviertel.

Regionalität hat Priorität

Mit mehr als 600 Sitzplätzen und 45 Mitarbeitern zählt das Freistädter Brauhaus zu den größten Wirtshäusern des Mühlviertels. Gekocht wird bodenständig-herzhaft, mit kreativem und modernem Einschlag, vor allem mit regionalen Lebensmitteln der Saison. „Die Qualität der Produkte ist ausschlaggebend. Unsere Herausforderung bei einem derart großen Gastronomiebetrieb liegt in der Verfügbarkeit der regionalen Produkte. Es hat Zeit gebraucht, passende Lieferanten zu finden, aber wir haben es geschafft.“ erklärt Helmut Satzinger. Als Bestätigung für die Qualität der Speisen, ist das Freistädter Brauhaus mit dem Gütesiegel AMA GENUSS REGION ausgezeichnet. 
In der Küche werden die hauseigenen Biersorten in die Speisezubereitung eingebunden. Bei den Gästen besonders beliebt ist das Brauhaus-Bratl mit Schwarzbier-Saft. „Brauerei und Brauhaus befruchten sich gegenseitig. Wenn Essen und Bier gut sind, tragen die Gäste das auch weiter. So ist das Brauhaus ein kleiner Erfolgsbaustein für die Marke ‚Freistädter Bier‘“, ist Satzinger überzeugt.

© Netzwerk Kulinarik/Rudolf Laresser
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Beraten und führen durch die Freistädter Biervielfalt

Sämtliche Biersorten werden im Brauhaus in der Flasche und vom Fass angeboten. Zehn Bier-Sommeliers beraten auf Nachfrage fachkundig die Gäste zum richtigen Bier als Speisebegleiter. Bei einem Angebot von mindestens 11 verschiedenen Sorten ein genialer Service, um herauszufinden ob Ratsherrn Premium, März’n, Midium, Pegasus, Black Bock, Bio Zwickl, Junghopfenpils, Rotschopf, oder doch Imperator am besten passt. Verkostungsangebote reizen wahre Bierliebhaber um ihre Lieblingssorte zu entdecken.

Helmut ist gebürtiger Freistädter. Für seine Ausbildung war er viel unterwegs und hat in verschiedensten Gastronomiebetrieben im ganzen Land gearbeitet. Dann ist er zur Einsicht gekommen, dass es Zuhause am schönsten ist. „Meine Großeltern waren schon Wirte, ich bin im Wirtshaus aufgewachsen und war schon als Kleinkind unter den Gästen. Das war auch der Grund, warum ich eine Lehre als Koch und Kellner begonnen habe.“ Mit der Geschichte der Stadt und der Brauerei ist er aufgewachsen. Die Gäste spüren seine Begeisterung, wenn er ihnen die Vielfalt und Einmaligkeit der Mühlviertler Biere näherbringt. Das barocke Brauhaus ist mit einem herzlichen Wirten, traditionellen Spezialitäten und modernem Design im Heute angekommen. 

Die Erlachmühle von Familie Wieneroither am Mondsee kann auf eine ähnlich lange Geschichte zurücksehen. Im Jahr 1416 wurde sie erstmals urkundlich erwähnt. In der Mühle wird heute noch Mehl gemahlen, außerdem Brot gebacken, Törtchen verziert, Fische geräuchert und fest gejausnet. Übrigens, Ferienwohnungen werden ebenfalls angeboten.

Die Faszination des Mühlenhandwerks

Antonia Wieneroither ist die jüngste Müllermeisterin des Landes. Lange konnte sie sich nicht vorstellen dieses Handwerk zu erlernen, doch ihr Vater überzeugte sie. Die Maschinentechnik hat sie zuerst nicht interessiert, dann fast in die Knie gezwungen, bis es Klick machte, und alles ganz logisch war. „An der ganzen Theorie in den Büchern wäre ich verzweifelt, wenn mein Vater mir nicht die Arbeit in unserer Mühle genau gezeigt hätte. Jetzt mahle ich mein eigenes Mehl für meine Kuchen und Torten,“ so Antonia. 
Die Herausforderung ist eine gleichbleibende Qualität beim Mehl zu erreichen. „Das ist von so vielen Faktoren abhängig, da lerne ich immer noch. Entscheidend ist auf jeden Fall qualitativ hochwertiges Getreide zu verwenden.“ erklärt die Müllerin. 150 Tonnen Getreide aus dem Wald- und Mühlviertel werden im Jahr vermahlen. Der Roggen ist für das Brot, der Weizen für die Mehlspeisen gedacht.

Jeder bringt seine Stärken ein

Die Erlachmühle hat viel zu bieten, die Aufgaben sind genau verteilt. Antonia ist nicht nur Müller- sondern auch Konditormeisterin mit Auszeichnung. Sie ist für das Süße zuständig und die Mühle, die sie mit ihrem Vater betreibt. Ihr Bruder Gerhard geht seiner Leidenschaft, dem Fischen und Räuchern nach. Bruder August bäckt die mehrfach prämierten Roggenbrote unter den wachsamen Augen der 85jährigen Großmutter, die den Natursauerteig hegt und pflegt. 

Seit 1820 wird von Familie Wieneroither auf diese Weise gebacken: hausgemachter Natursauerteig, Wasser, Mehl und 20 Stunden Ruhezeit. Das Brot kennt weder Hefe noch Zusatzstoffe. Gebacken wird es im Holzofen, das gibt ihm einen besonderen Geschmack. „Wir legen viel Wert auf Qualität, generell, bei den Rohstoffen, bei der Verarbeitung, dass alles Tip-Top ist. Deswegen konzentrieren wir uns auf eine Sorte Brot. So können wir am besten kalkulieren, so wird nichts verschwendet.“ erklärt Antonia Wieneroither. 

Am Mühlenbach lässt es sich genießen

Von Anfang Mai bis Ende September kann man in der Jausenstation der Erlachmühle direkt neben dem gurgelnden Mühlenbach einkehren. Hauseigener Most, selbstgemachter Kuchen, Apfelstrudel und Gugelhupf, Jaus‘nplatten, Räucherfisch und natürlich das einzigartige Brot werden mit viel Liebe serviert. Die gemütliche Gaststätte liegt am Anfang des Helenenwegs, der vom Mondsee bis zum Irrsee verläuft. Die Gäste haben die Möglichkeit die Ursprungsorte der Köstlichkeiten, also die Mühle und die Backstube, zu besuchen. Antonia und ein August, entweder Vater oder Sohn, führen gerne persönlich durch die Schaumühle und erklären, wie aus dem harten Korn feinstes Mehl und frisches Holzofenbrot gemacht wird.

Der Balance-Akt zwischen Tradition und Kreativität

Die Geschwister sind sich einig: Es ist nicht immer einfach, wenn drei Generationen gemeinsam leben und zusammenarbeiten. Gleichzeitig sind sie dankbar und wissen die Vorzüge zu schätzen, denn „es ist immer wer da, der dir hilft.“ sagt Antonia. August Wieneroither jun. ist ein Tüftler, er hat viele Ideen und möchte die Abläufe optimieren. Seine Schwester möchte die Konditorei ausbauen, sie kann sich vorstellen Eis herzustellen und Kurse zu leiten. Große Pläne für die Erlachmühle.

Ihren Traum, sich zu verwirklichen und den Betrieb selbst zu gestalten, haben Magdalena und Thomas Steinbauer mit ihrer Biokräuterei Mathiasnhof umgesetzt. 13 km nördlich von Vöcklabruck in Ottnang im Hausruckviertel liegt der ehemalige Schweinezuchtbetrieb ihrer Familie. Der Hofname ist noch derselbe, ansonsten hat sich hier alles geändert.

Alles anders am Mathiasnhof

Auf die Idee sich mit Kräutern zu beschäftigen, kam Magdalena bei einem Spaziergang mit den Eltern. Damals konnte ihr niemand sagen, wie die Wildkräuter und Wiesenblumen hießen. Jetzt gibt sie als Kräuterpädagogin ihr geballtes Wissen an Schulkinder und Erwachsene weiter. Thomas Steinbauer ist gelernter Gärtner, Kräuter waren immer schon sein Hobby. Oft konnte man ihn mit Büchern auf der Wiese antreffen, wissbegierig nachzulesen, was da wächst, was man damit machen kann. 
2015 haben die Steinbauers den Bauernhof von Magdalenas Eltern übernommen, der schon einige Zeit stilllag. Der Großvater hat noch Schweine gezüchtet. Die Jungbauern schlugen einen anderen Weg ein, und legten den Grundstein für die Biokräuterei
Beim Umbau des Privathauses haben sie uralte Kräuterbücher von Magdalenas Urgroßmutter am Dachboden gefunden. Sie war wohl die erste Botanikerin der Familie, und als Kräuterhexe in der Region bekannt. Generationen später wird das alte Wissen wieder aufgegriffen.

© Netzwerk Kulinarik/wildbild.at
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Experimente mit der bunten Vielfalt

Auf einer Fläche von 2,5 ha gedeihen rund 70 verschiedene Arten von Heil-, Wild- und Gewürzkräutern. Typische Wiesenvertreter wie Schafgarbe und Spitzwegerich werden ebenso kultiviert wie Thymian, Zitronenverbene und Goldmelisse. Die violetten Malvenköpfe werden sorgfältig mit der Hand geerntet, die knalligen Blüten sind ein besonderer Hingucker. Magdalena Steinbauer verwendet sie für Tee- und Blütenmischungen. „Die mauretanische Malve brauchen wir getrocknet für unsere Spezialitäten. Sie ist ein Schmuck mit der tollen Farbe für die Blütenmischungen, und mit ihrer schleimlösenden Wirkung genau richtig für den Hustentee.“ weiß Magdalena. Thomas Steinbauer ist für den Blattkräuteranbau verantwortlich und baut außerdem Sonderkulturen wie Urgetreide und seltene Ölfrüchte an.

Mit der Kraft der Sonne

Die Kräuter sind ab Hof frisch erhältlich. Der Großteil wird zu Kräuterspezialitäten direkt am Hof weiterveredelt. Alle Arbeitsschritte werden in Handarbeit erledigt: von der Ernte über das Trocknen und Sortieren, bis zum Etikettieren. 2017 wurde ein Trocknungsraum errichtet. Bei einer Temperatur von ca. 38° C wird das wertvolle Gut schonend getrocknet. Eine 20 KW starke Photovoltaikanlage liefert die dafür notwendige Energie. Bis zur Verpackung der Kräuter achtet Familie Steinbauer auf Nachhaltigkeit, Papier und Glas werden vorgezogen so weit die Hygienerichtlinien es zulassen. 
Man spürt, dass Magdalena Steinbauer liebt, was sie tut: „Unser Arbeitsplatz ist die Natur draußen, das taugt uns. Man hat zwar immer eine Arbeit, aber die Familie ist dabei, unsere Kinder wachsen damit auf. Wir haben den Luxus uns die Zeit selbst einzuteilen“.

Die Zukunft hält noch viel parat

Den Hühnerstall haben die Steinbauers inzwischen in einen kleinen Hofladen gewandelt. Jeden Freitagnachmittag wird hier beraten und verkauft. Die essbaren Blütenmischungen kommen besonders gut an, weil es gerade „in“ ist, zu Hause Bowls und Desserts schön anzurichten. Die Sonderkulturen werden ebenfalls veredelt. „Das Öl wird von meinem Schwager auf seinem Biohof gepresst, die Nudeln werden in einer kleinen Manufaktur im Mühlviertel hergestellt. Reis, Porridge und Müsli aus unserem Emmer sind zurzeit der absolute Hit.“ so Magdalena. Sie und ihr Mann machen sich schon Gedanken über eine Selbstbedienungslösung für den Laden, der Freitagnachmittag reicht den Kunden nicht mehr. 
„Mein Mann baut alles selber, die Trocknungen hat er alle selber errichtet.“ erzählt Magdalena stolz. Sein nächstes großes Projekt ist der Schweinstall – daraus sollen komfortable Gästewohnung werden. Magdalena plant schon die Führungen für ihre nächsten Urlaubsgäste.

Eine Genussreise durch Oberösterreich

Viele oberösterreichischen Betriebe sind mit dem Gütesiegel AMA GENUSS REGION zertifiziert. Entdecken Sie selbst gut sortierte Hofläden, besondere Manufakturen und Gastronomiebetriebe die zum Verwöhnen einladen:

*verfasst von Caroline Goldsteiner

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